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Der Junge Wanderer.

Es war einmal ein junger Wanderer, der sehr früh schon den Drang verspürte, von Zuhause fort zu ziehen. Er fühlte, daß der Hof auf dem er aufwuchs nicht seine Heimat war. Und sobald er alt genug war, um sein eigenes Gepäck zu tragen, verließ er den Hof.

Er zog durch die Welt, auf der Suche nach seiner Heimat und er kam fast überall hin.

Er zog durch die Berge und begegnete dort einem Bergbewohner. Er machte Rast, denn der Durst quälte ihn.

"Warum wohnst du hier in den Bergen?" fragte er den Mann.

Der antwortete: "Hier ist meine Heimat. Die Stadt ist mir zu eng und das Meer mag ich nicht. Aber hier in den Bergen fühle ich mich frei. Und das Wasser aus den Bergquellen ist das beste der Welt."

Zur Probe gab er dem Wanderer zu trinken und es stimmte. Das Wasser war ausgezeichnet.

Aber der Wanderer wußte, daß dies nicht seine Heimat war, also zog er weiter.

Er zog durch das Tal und kam in eine Stadt. Dort traf er einen Bürger. Er machte Rast, denn er war müde.

"Warum wohnst du hier in der Stadt?" fragte er den Bürger.

Der antwortete: "Mein Zuhause ist hier. Die Berge sind mir zu hoch und das Meer zu unsicher. Aber hier in der Stadt fühle ich mich beschützt. Und die wir haben die besten Betten der Welt."

Der Wanderer übernachtete in der Stadt und war am nächsten Morgen ausgeruht und zufrieden. Aber er war nicht Zuhause. Also zog er weiter.

Schließlich kam er zum Meer. Und dort an einer Bucht traf einen Fischer, der in seinem Boot wohnte. Der Wanderer war hungrig und beschloß hier zu halten. Er fragte den Fischer:

"Warum wohnst du hier am Meer?"

Der antwortete: "Das Meer ist meine Heimat. Nur hier finde ich die Ruhe und den Frieden, den ich brauche. Die Berge sind mir zu steinig und die Stadt zu schmutzig. Hier ist es gut. Und das Meer gibt mir alles, was ich zum Leben brauche."

So aßen der Wanderer und der Seemann zusammen von den Früchten des Meeres. Und als sie fertig gegessen hatte, fühlte sich der Wanderer sehr wohl und satt. Aber auch das Meer würde nicht seine Heimat werden.

Er zog noch viele Monate weiter und traf auf ein einsames Haus im Wald. Der verbitterte alte Mann, der dort wohnte, betrachtete ihn Argwohn, denn er fürchtete alles, was außerhalb seines Hauses war.

"Was willst du?" fragte er, die Tür einen Spalt geöffnet.

"Ich wandere durch die Welt und suche nach meiner Heimat, alter Mann."

"Nun, hier wirst du sie nicht finden, denn das ist MEINE Heimat."

"Woher willst du das wissen?"

"Weil ich mich hier sicher fühle und keine Angst habe. Und nur in seiner Heimat hat man keine Angst. Sag, fürchtest du dich denn gar nicht da draußen?"

Der Wanderer überlegte. "Nein. Nein, ich fürchte mich nicht."

"Dann hast du keine Heimat." Und er schlug die Tür zu.

Der junge Wanderer grübelte noch lange über die Worte des alten Mannes während er weiter zog.

Nach vielen Monde traf er auf einer Straße einen alten Nomaden. Er kam ihm lächelnd entgegen und sagte: "Hallo junger Wanderer. Du siehst so müde aus wie ich. Komm, laß uns zusammen essen und ein wenig ruhen."

So wurde es gemacht. Der Nomade bot ihm frisches Quellwasser an, einen gebratenen Fisch und eine bequeme Decke zum drauf sitzen. Am Feuer erzählte der junge Wanderer dann von seinen Begegnungen. Und daß er seine Heimat nicht finden konnte.

"Diese Geschichte habe ich schon mal gehört," meinte der alte Nomade. "Auch ich suchte einst nach meiner Heimat, genauso wie du."

"Und hast du sie gefunden?" fragte der Wanderer aufgeregt.

"Das habe ich wohl," meinte der Nomade. "Die Welt ist meine Heimat. Ich bin überall zu Hause. In jeder Stadt, auf jedem Berg, auf jedem Meer. Egal, wo ich hingehe, ich bin immer zu Hause und fürchte mich nicht. Deswegen wandere ich immer noch, da ich niemals ganz in meiner Heimat sein kann."

Am nächsten Morgen verabschiedeten sich die beiden Nomaden voneinander. Der junge Wanderer war nun kein Wanderer mehr, denn seine Suche hatte ein Ende. Von nun an war er ein Nomade, der die ganze Welt seine Heimat nannte.

Ende.